Einleitung
Das Thema des Projektes wählte ich aufgrund einer persönlichen Vorliebe für Briefe, speziell für Liebesbriefe. Es ist selten geworden, dass sich Menschen für diese Art der Kommunikation
entscheiden. Gerade die jüngeren Generationen entscheiden sich eher für eine schnelle Nachricht mit dem Smartphone, statt für einen Brief, der mit Sorgfalt geschrieben ist. Er lebt ohne Emojis,
dafür mit gewählten Worten und Sätzen.
Besonderer noch als normale Briefe sind Liebesbriefe. Sie drücken vielfältige Emotionen aus und spiegeln den Charakter des Autors und des Empfängers wider. Es ist spannend, den Rhythmus der
Sprache zu entdecken, die Gefühle aus den Zeilen zu lesen und hinter die Worte zu sehen. Aus diesem Grund habe ich Liebesbriefe ausgewählt, die von Autoren und Autorinnen geschrieben worden sind,
die auch historisch mehr oder weniger von Bedeutung waren. Alle sind Schriftsteller, zwei Frauen und zwei Männer aus unterschiedlichen Zeiten und unterschiedlichen Ländern. Doch sie haben eines
gemeinsam: Sie lieben.Und diese Liebe zeigt sich in den Zeilen der ausgewählten Briefe. Pro Autor habe ich mich für einen Brief entschieden, den ich gelesen, analysiert und ausgewertet habe, um
so für jeden Brief ein individuelles Schmuckstück zu kreieren.
Der Arbeitsvorgang zu Victor Hugo, das perfekte Herz
Zwar ist auch Victor Hugo schon verletzt worden, doch merkt man in seinen Worten die wahrhaftige Liebe und Leidenschaft für seine Angebetete. Daher versuchte ich, auch das Schmucksstück möglichst
perfekt und schön zu machen. Trotz anfänglichen Zögerns entschied ich mich für die Herzform, da das Herz universell als Zeichen der Liebe verstanden wird. Dafür formte ich zuerst ein Herz in der
Größe einer Faust aus Keramiplast, einem Ton-ähnlichen Material, das an der Luft aushärtet und mit feilen und schmirgeln nachbearbeitet werden kann.
Ich formte auch einige Herzen, die für die anderen Briefe Verwendung finden sollten.
Das getrocknete Herz aus Keramiplast bearbeitete ich und formte so ein nahezu perfektes Herz. Dieses formte ich in Kautschuk ab und goss es aus rot eingefärbten Epoxydharz. Doch diese
Vorgehensweise entpuppte sich für diesen Brief als Sackgasse. Ich musste diesen Brief noch einmal neu betrachten. Aus meinen Überlegungen heraus entstand die Idee, das Herz klassisch aus Metall
zu zisilieren, was ich auch tat. Aus Tombak zisilierte ich zwei Herzhälfte, die später zusammengelötet wurden. Um einen einheitlichen Eindruck zu bekommen versilberte ich das Herz und die dazu
gehörende Kette. Das erste Schmuckstück dieses Projektes ist somit ein Herz, das auf Brustbeinhöhe liegt, leicht, geschmeidig, nahezu perfekt in seiner Einfachheit.
Der Arbeitsvorgang zu Fernando Pessoa, das doppelte Herz
Auch für diesen Brief fertigte ich einige Schriftblätter an, was jedoch aufgrund der Persönlichkeit des Autors sich als schwieriger erwies. Ich wählte ein großen Bogen Papier, Kreide in Erdtönen
(Ocker, dunkelbraun und ein rötliches Braun) und schrieb in großen, ausladenden Buchstaben mehrere Lagen übereinander, wobei ich nicht auf Linien oder Ordnung achtete.
Der Brief von Pessoa ist nicht so einfach zu verstehen wie der Brief von Hugo, in diesem steckt einiges mehr. Mehr Verrücktheit, Leidenschaft, Verwirrung und die Liebe wird nicht so offen zur
Schau gestellt wie bei dem vorangegangenen Brief. Nichtsdestotrotz war es sehr spannend für diesen Autor und seinen Brief ein Schmuckstück zu entwerfen. Ich wollte bei diesem Brief mit vielen
Farben arbeiten, um den Schmuck so vielfältig wie seinen Autor zu gestalten. Dafür verwendete ich ein weiteres Herz aus Keramiplast und schuf ein facettiertes Herz, Das nicht ganz so groß ist wie
das „perfekte Herz“. Daraus goss ich ein Herz in bunt, alle Regenbogenfarben waren darin vertreten. Doch das spiegelte nicht optimal den Charakter wider. Daher goss ich ein weiteres (halbes) Herz
in durchsichtigem Epoxy, ein Zweites in einer orange-pinken Färbung, um so den „Wahnsinn“ darstellen zu können. Diese Hälften verband ich miteinander und schuf damit die Optik eine Janus-Kopfes.
Zwei Seiten der Liebe und des Menschen. Auch kann man die beiden Seiten für die zwei Beziehungen sehen, die er mit Ophelia hatte. Umrandet wird das Herz von einem Streifen Silber, an dem auch die
Ketten befestigt sind, die, um den doppelten Charakter zu unterstreichen, auch aus zwei unterschiedlichen Ketten gefertigt ist.
Der Arbeitsvorgang zu Elizabeth Barrett Browning, das strahlende Herz
Der Brief von Elizabeth Barrett Browning ist besonders, weil er sehr lang ist und unglaublich viel Information enthält, die es galt, in wichtig und unwichtig zu trennen. Für mich stand deutlich
im Vordergrund, dass sich diese Frau ganz und gar offenbart, ihr Herz buchstäblich auf der Hand trägt, und es ihrem Liebsten, der später auch ihr Ehemann wird, präsentiert. Sie ist glücklich, hat
aber offensichtlich Angst davor und kann ihr Glück kaum fassen. Für sie ist er ihr ganzes Glück.
Das Glück spielt in ihrem Brief eine zentrale Rolle, weswegen ich es unbedingt darstellen wollte. Es sollte von Innen heraus strahlen, wie ihr Brief. Dafür nutzte ich erneut die Form des
„perfekten Herzen“, goss dieses aber nicht in rot, sondern in durchsichtigem Epoxydharz, um es möglichst durchscheinend zu haben. Für die Strahlen nutzte ich ein Lichtabsorbierendes Plastikglas
in Gelb und Grün, die in sechs Strahlen von der Mitte ausgehend nach außen über den Rand des Herzens strahlen und unübersehbar sind. Es ist ein großer Anhänger, aber wirkt gleichzeitig leicht und
durch seine Durchsichtigkeit zerbrechlich.
Der Arbeitsvorgang zu Charlotte von Kalb, das schmerzvolle Herz
Bei dieser Autorin fiel es mir schwer, eine passende Form zu finden. Ich wollte, ebenso wie bei Elizabeth Barrett das Gefühl der Trauer und der Schwere einfangen, die diesen Brief dominieren.
Doch der erste Versuch mit dem facettierten Herz (welches ich auch für Pessoa nutzte), misslang. Es sollte schmerzvoll ausehen, nicht wie ein möglicher Trauerschmuck. Die Assoziation mit einem
Eiskristall misslang, und erneut stand ich vor der Überlegung, wie man am Besten Schmerz in einem Schmuckstück ausdrücken könnte. Doch es ist nicht nur schmerzvoll, wenn etwas zerbricht, sondern
auch, wenn etwas eingeschnürt wird. Und beinahe jeder Mensch kennt das Gefühl, als ob das Herz in einem Schraubstock klemmt. Daher verfolgte ich die Idee des eingeschnürten Herzen weiter. Es
sollte, wie eigentlich das Herz Victor Hugos, rot sein, klassisch für die Liebe. Doch statt es als Ganzes perfekt zu haben, wird es von schwarzem Draht eingefasst. Dieser schneidet in das
Material (gegossenes Epoxydharz) ein, dreht sich an den Enden zusammen und hat Stacheln. Der Draht wurde nicht bearbeitet, ebenso wie das Herz roh in seinem Zustand belassen wurde. Ergänzt wird
dieser Eindruck noch von der massiven schwarzen Kette, die sich, wie eine Schlinge noch einmal „eng“ um den Hals legt, sodass auch der Träger des Schmuckstückes das Gefühl des Eingeschnürtseins
empfinden kann.